via Lübecker Nachrichten.
Betriebe im Norden verzweifeln: 16 500 Stellen sind unbesetzt –
Erfreuliche Entwicklung am Arbeitsmarkt: Die Zahl der Arbeitslosen ist im März bundesweit unter drei Millionen gesunken. Das ist der niedrigste März-Wert seit 24 Jahren. Schleswig-Holstein wartet mit der besten Marke seit 22 Jahren auf. Gleichzeitig aber sind so viele Jobs unbesetzt wie lange nicht mehr – auch im Raum Lübeck.
Tja, liebe Arbeitgeber, dann solltet ihr euch einmal Gedanken darum machen, warum es so ist, wie es ist. Das Thema ist aber so komplex, dass es nicht mal so eben abgehandelt werden kann. Da geht es um Arbeitszeiten, Sozialleistungen, Angebot und Nachfrage, befristete Arbeitsverträge und natürlich um Geld.
Dass Verkäuferinnen im Einzelhandel, Friseure und Pflegepersonal eher am unteren Ende der Gehaltsskala zu finden sind, dürfte für niemanden mehr eine Überraschung sein. Dazu kommen noch die ungünstigen Arbeitsbedingungen. Zum einen sind da die Arbeitszeiten. Mit den oft ungünstigen Schichtdiensten oder Dienstende jenseits der 21 Uhr Marke, fällt ein „normales“ Familienleben nicht so leicht. Zum anderen haben sich die großen Discounter in den letzten Jahren auch nicht gerade mit Ruhm bekleckert, was die Arbeitsbedingungen angeht. Heimliche Videoüberwachung, Gängelung der Arbeitnehmer und schlechte Sozialleistungen sind nur einige Schlagworte.
Die Pflegeberufe sind nicht nur physisch, sondern auch psychisch sehr anspruchsvoll. Auf der einen Seite ist es körperlich so eine Herausforderung, dass die Bediensteten oft bis an ihre Grenzen gehen. Nicht weil evtl. Hilfsmaterialien fehlen, sondern weil es die Zeit einfach nicht zulässt, und man dann einfach mal schnell selber und alleine anpackt, als auf Hilfe zu warten. Selbst wenn ein Pflegebedürftiger nur noch um die 50 kg wiegt, ist das ein Gewicht, was man „normaler Weise“ zu Zweit stemmen sollte.
Zweitens ist die enorme psychische Belastung nicht zu unterschätzen. In Pflegeberufen wird man oft mit schweren Schicksalen konfrontiert. Die Betroffenen sind in vielen Fällen aus ihrer Situation heraus ungerecht und unfreundlich zu den Mitarbeitern, bis hin zu Beleidigungen. Auch dies muss erst einmal verkraftet werden.
Dazu kommt oft, dass die Arbeitgeber immer nur befristete Arbeitsverträge anbieten. Wie soll man da, nicht nur als junger Mensch, eine vernünftige Zukunftsplanung machen?
Das ist sicher nur die Spitze des Eisbergs, und man sollte sich grundsätzliche Gedanken darüber machen, die unbesetzten Stellen etwas attraktiver zu machen. Welche Motivation sollen die Menschen haben jeden Morgen aufzustehen und 8 Stunden lang arbeiten zu gehen, wenn sie dadurch vielleicht nur 50 Euro mehr in der Tasche haben, als wenn sie sich ihr Leben durch die Gemeinschaft finanzieren lassen? Man kann sich drehen und wenden wie man will, der Arsch bleibt immer hinten und die größte Motivation für uns Menschen ist immer noch das, was am Ende des Monats im Portemonnaie ist.
Bei den 16.500 unbesetzten Stellen kann ich mir außerdem einen Großteil in der doch sehr saisonbedingten Gastronomie vorstellen. Vielleicht fällt die Zahl nicht mehr ganz so hoch aus, wenn man diesen Teil heraus rechnet.